Archiv - Aktivities des Lionsclubs Dorsten-Hanse

Heitere und nachdenkliche Geschichten aus vier Generationen Petrinum

Aus der Schule geplaudert (von DZ Anke Klapsing-Reich - 01.09.2017)


DORSTEN. Als Josef Ulfkotte dem Projektvorschlag seiner Kollegin Janet Weißelberg zum 375-jährigen Jubiläum des Petrinums lauschte, war sein spontaner Gedanke: „Wow, echt cool!“ Jetzt liegt das dicke Geschichten-Buch „Vivat Petrinum!“ druckfrisch auf dem Tisch und das Ergebnis übertrifft noch die Erwartung der Macher.

Staubtrockene historische Chronologien gehören quasi zum Standard offizieller Jubiläen. „Wir bringen auch in circa 14 Tagen eine offizielle Festschrift zu unserem Schulgeburtstag heraus“, sieht Josef Ulfkotte die Sammlung der heiteren und nachdenklichen Schul-Erinnerungen nicht als Ersatz, sondern als erfrischende Ergänzung – sozusagen als Kür zur Pflicht – an.

„Wir haben ehemalige wie aktuelle Lehrer und Schüler gebeten, eine Begebenheit aus ihrer Schulzeit aufzuschreiben und, wenn möglich mit Bild, in unserer Projektredaktion einzureichen“, freute sich vor allem Josef Ulfkotte, in seiner noch verbleibenden Dienstzeit (2018 geht er in den Ruhestand), dieses reizvolle Unterfangen mit seiner engagierten Kollegin auf die Beine stellen zu können.

Kondom-Affäre

Und dann flatterten auch schon die Erinnerungen auf den Tisch: Von Ludger Böhne (Abi-Jg. 1989), der von der „Kondom Affäre 1987“ erzählt: Als „Chefredakteur“ der damaligen Schülerzeitung „Spectrum“ hatte er für eine Sonderausgabe „Spectrum klärt auf“ das Thema Aids auf den Plan gesetzt und werbewirksam für die Stufen 10 bis 13 ein Kondom mit eingeklebt.

Die Diskussion, die sich daraufhin in der Schulleitung, Bezirksregierung und der Lokalpresse Bahn brach, war schrill und laut. „Trotzdem durften wir in gewisser Weise diesen Konflikt ausfechten“, schreibt Böhne in der reflektierenden selbstkritischen Rückschau und bedankt sich rückwirkend bei „Liebes Petrinum, altes Haus. Danke fürs Aushalten!“

Das vor dem Petrinum (damals noch an der Bochumer Straße) geparkte Goggomobil von Guido Harding (Abi-Jg. 1977), das liebe Mitschüler in einem Streich fortgeschleppt hatten, um mit dem 260 kg leichten Gefährt die Einfahrt zum Pfarrhaus der Johanneskirche zu versperren, ist ebenso amüsant zu lesen wie die Anekdoten-Sammlung „Damals am Petrinum ...“, mit der Hans-Jochen Schräjahr, Schüler (Abiturientia 1962) und später Lehrer an dem städtischen Gymnasium (1971-2005), an Lehrer-Urgesteine wie Professor Joseph Wiedenhöfer, Studienrat Brzoska (gesprochen „Schoska“), Studienrat Bruno Larisch von Woitowitz u.a. erinnert.

„Die älteren Geschichten finde ich besonders interessant“, las Janet Weißelberg mit größtem Vergnügen den ältesten Beitrag aus dem Jahr 1907, der von dem Ex-Petrinesen Otto Karl Loewe stammt: „Seine Enkeltochter, die in Tunesien lebt, wurde über unsere Schul-Homepage auf unser Jubiläumsprojekt aufmerksam und schickte uns daraufhin die Erinnerungen, die ihr Großvater an seine Schulzeit in Dorsten hinterlassen hatte, zu.“

Leisere Töne Doch mischen sich in die die überwiegend heiteren Beiträge der insgesamt 70 Autorinnen und Autoren auch nachdenkliche Töne: In dem Beitrag von dem (mittlerweile versöhnten) Schüler, dem es niemals gelang, aus der unteren Schublade, in die die Lehrer ihn gesteckt hatten, heraus zu klettern. Oder in der Schilderung über die Zufallsbegegnung mit dem ehemaligen hochgeschätzten Musik-Lehrer, der im Alter in Demenz versunken war.

Geschichten, mit Witz und Herzblut geschrieben, die die bunte Vielfalt des (Schul-)lebens spiegeln.

Anke Klapsing-Reich

Glasauge im Schuh verwahrt - Sowar Bruno Larisch

DORSTEN. Hans-Jochen Schräjahr ist selbst ein Stück Petrinum-Geschichte. Erst besuchte er als Schüler das städtische Gymnasium und legte 1962 sein Abitur dort ab. Von 1971 bis 2005 wirkte der Holsterhausener dann als Lehrer am Petrinum. In seinem Buchbeitrag „Damals am Petrinum ...“ erinnert er an alte Kollegen, pädagogische Urgesteine, wie an Studienrat Bruno Larisch aus Woitowitz.

„Studienrat Bruno Larisch von Woitowitz war ein Lehrer, der eigentlich nicht in das Bild des Lehrerkollegiums der 50er und 60er Jahre passte. Er war irgendwie menschlich und nicht unnahbar erhaben. Er unterschied sich durch seine Kleidung, Manchesteranzug mit Knickerbockerhose, Rollkragenpullover, manchmal auch verschiedene Socken.

In seinem Chemieunterricht knallte es schon mal. So war in einer Bierzeitung (am Ende der Untersekunda verfassten die Schüler eine kleine Schrift, in der man sich über sich selbst und über die Lehrer lustig machte) zu lesen:

Wenn´s stinkt, dass es zum Himmel schreit, wenn dunkle Wolken wallen, dann ist Herr Larisch gar nicht weit, und sicher wird´s bald knallen.“

Bruno Larisch hatte im Zweiten Weltkrieg ein Auge verloren, er musste also ein Glasauge tragen. In den 50er- und 60er Jahren mussten auf Klassenfahrten die Lehrer mit den Schülern häufig in einem großen Schlafsaal schlafen. Die Habseligkeiten waren im Rucksack, der neben dem Bett stand. Damit Larisch am nächsten Morgen sein Glasauge sicher wiederfand, deponierte er es vor dem Zubettgehen in einem seiner Schuhe.“

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